Autor: Inga Marlen; stud. paed.; Leibniz Universität Hannover

Myofunktionelle Störungen

Diagnostik

Die klassische Diagnostik erfolgt zumeist durch Ärzte in enger Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten, Logopäden, Sprachheilpädagogen oder anderer auf diesem Gebiet geschulter Fachpersonen. Für die eindeutige und treffende Diagnose ist es unerlässlich eine klare Dokumentation mit Hilfe von Befundbögen zu erstellen (vgl. Campiche Weber 2006, S. 69). Die Standardbefundbögen umfassen dabei (vgl. Campiche Weber 2006, S. 69):

- zuweisende Stelle
- Anamnese, Familienanamnese, Patientenanamnese
- Habits
- Krankengeschichte
- zahnmedizinische Befunde
- kieferorthopädische Befunde
- phoniatrische/HNO-Befunde
- andere fachärztliche Befunde
- logopädische/sprachheilpädagogische Befunde
- Fern-Röntgen
- Kieferabdruck OK/UK
- Fotostatus
- Informations- und Motivationsgespräch
- Gespräche/Informationsaustausch mit anderen Fachpersonen

Daneben gibt es noch einige weitere häufig verwendete Diagnostikinstrumente, die an dieser Stelle kurz erläutert werden sollen:

Messungen (Garliner-Myoscanner)
Bei einem Myoscanner bzw. Myometer handelt es sich um eine von Garliner entwickelte Vorrichtung, die den Lippendruck bei geschlossenen Lippen ermitteln soll (vgl. Berndsen & Berndsen 2016a). Durch die Kraft- und Widerstandsmessung können Therapiefortschritte dokumentiert und damit auch die Motivation der Patienten verbessert werden (vgl. Grohnfeldt 2007, S. 209).

Payne-Technik/Black-Light (Garliner)
Unter dem Namen Payne-Technik ist eine Methode bekannt, bei der dem Patienten auf der Zungenspitze eine fluoreszierende Substanz aufgetragen wird. Nach dem Schluckvorgang haftet die Farbsubstanz an den berührten Stellen und kann mit Hilfe einer Schwarzlichtlampe sichtbar gemacht werden (vgl. Bigenzahn 2003, S. 38).

Federwaage (Garliner)
Die Lippenkraft kann auch mittels Federwaage gemessen werden. Dabei wird ein etwa 1,5 - 2cm großer Knopf mit Hilfe eines Fadens im Mundvorhof platziert wird und auf der anderen Seite an die Federwaage gehängt. Der Patient muss anschließend versuchen den Knopf mit den Lippen festzuhalten, während der Therapeut an dem Faden zieht. Das Messergebnis wird auf der Federwaage abgelesen und als Mittelwert aus drei Durchgängen ausgewertet (vgl. Bigenzahn 2003, S. 38).

Bei der HNO-fachärztlichen/phoniatrischen Untersuchung werden das Gehör, die Atmung, die Zunge, die Rachenpolypen (Adenoide), der Gaumen, der Kehlkopf sowie eventuell vorhandene skelettodentale Missbildungen beurteilt (vgl. Bigenzahn 2003, S. 37). Dabei ist eine genaue Ausschlussdiagnostik entscheidend, da zwischen myofunktionellen, artikulatorischen und HNO-spezifischen Störungen enge Wechselbeziehungen bestehen, die es schwer machen, diese voneinander abzugrenzen (vgl. Bigenzahn 2003, S. 37).
Die daran anschließende Untersuchung der orofazialen Funktionen sowie der Strukturen des orofazialen Systems erfolgt durch Funktionsprüfungen, Palpation, Palatogramm und elektronische Messungen (vgl. Hahn & Hahn 2003, S. 207). Dabei steht das Schlucken im Zentrum der myofunktionellen Diagnose. Weiterhin muss bei der Diagnose jederzeit das Entwicklungsalter berücksichtigt werden, da die orofazialen Fähigkeiten im Zeitverlauf stetig ansteigen (vgl. Hahn & Hahn 2003, S. 207).

 


Literatur

Bigenzahn, W. (2003). Orofaziale Dysfunktionen im Kindesalter. Stuttgart: Georg     Thieme Verlag.

Campiche Weber, M. (2006). Therapie der orofazialen Dysfunktionen. In Böhme, G. (Hrsg.), Sprach-, Sprech-, Stimm-, und Schluckstörungen. Band 2: Therapie (S. 67-    80). München: Urban & Fischer Verlag.

Grohnfeldt, M. (2007). Lexikon der Sprachtherapie. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.
Hahn V. (2002). Prävention und Frühbehandlung orofazialer Dyskinesien - Ein Beitrag zur kieferorthopädischen Prophylaxe. In: GZM- Praxis und Wissenschaft, 7.Jg., 2002, S. 16-20.

Hahn, V. & Hahn, H. (2003). Myofunktionelle Störungen. In: Grohnfeldt, M. (Hrsg.), Lexikon der Sprachtherapie, 2007 (S. 206-212). Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.